Das Olympia-Referendum – Ein Thema für das JBG!

„Olympia?!“ Unter dieser eindeutig uneindeutigen Titelzeile kamen am Mittag des 2. November 2015 Politiker der in der Bürgerschaft vertretenen Parteien in der Pausenhalle des Johannes-Brahms-Gymnasiums zusammen, um über den Sinn und Unsinn einer Bewerbung unserer Heimatstadt für die Olympischen – und Paralympischen – Spiele 2024 zu diskutieren. Für die meisten der Zuhörer aus den 10. Klassen und der Oberstufe wird es zum Bürgerentscheid am 29. November das erste Mal sein, dass sie von ihrem zentralen staatsbürgerlichen Recht des Wählens Gebrauch machen können.

„It’s your choice“, das die Veranstaltung durchführte, ist eine Initiative vor allem junger Politiker, die Erstwähler ermutigen möchte, zur Wahl zu gehen. Nicht umsonst heißt die Facebook-Seite des Projekts „bittewaehlengehen“, ein Banner forderte gar augenzwinkernd auf: „Sei wählerisch“. Dem Zuschnitt des Projekts ist es geschuldet, dass nicht bei allen Diskussionsveranstaltungen an den Hamburger Schulen auch immer alle Parteien Vertreter schicken können. Am Johannes-Brahms-Gymnasium fehlten diesmal die CDU und die FDP, während Linke, Grüne, SPD und AfD Flagge zeigten. Außerdem diskutierte ein Sprecher von „STOP Olympia“ mit. Es moderierte mit Thomas Lerche ein Jungjournalist der „Jugendpresse Deutschland“.

Worüber fast gar nicht diskutiert wurde? Über Sport. Vielen Diskussionsteilnehmern, auch aus dem Publikum, fiel diese Unwucht auf. Natürlich ist dies auch ein Diskussionsertrag, der in die Schule gehört: Die Erkenntnis, dass Olympia keine reine Sport-Großveranstaltung sein kann, sondern immer auch und vor allem: ein Politikum! Und manchmal auch ein großes Ratespiel: Denn es kann mit dem Stand heute schlicht noch keiner sagen, ob Olympia am Ende schwarze oder rote Zahlen für die Stadt schreiben wird. Und ob neben der finanziellen Bilanz auch eine mentale, kulturelle und soziale ins Gewicht fallen wird.

Dennoch wurde natürlich mit Hingabe diskutiert und argumentiert: Bedeuten die mit Olympia geplanten neuen Wohnungen auf dem Kleinen Grasbrook eine Frischzellenkur für den Sozialen Wohnungsbau in Hamburg oder entarten sie zu einem „Hafencity hoch 2“? Wird Hamburg reicher, indem mehr von außen investiert wird, oder ärmer, weil die öffentlichen Haushalte explodierende Baukosten – siehe Elbphilharmonie – nicht in den Griff bekommen? Was bedeuten die Belastungen Hamburgs in der aktuellen Flüchtlingskrise für die Olympiabewerbung?

Bei weitem nicht alle möglichen Aspekte wurden bis zur Gänze beleuchtet. Mehr hätte man zum Beispiel gerne über die Auswirkungen auf die Verkehrsplanung, den Tourismus oder den Naturschutz gehört. Auch die mangelhafte Sportlerhilfe gerade in Nicht-Olympia-Zeiten wurde gar nicht thematisiert. Dennoch hat es sich gelohnt, Menschen mit politischem Einfluss am Johannes-Brahms-Gymnasium zusammenzubringen, die für ihre Überzeugungen brennen und einstehen, und dahingehend den Schülern ein gutes Vorbild geben. Und, ach ja: Die Probeabstimmung unter den jungen Zuhörern verloren die Befürworter der Olympiabewerbung übrigens haushoch…

Dr. Martin Wald (Fachleiter Geschichte/PGW am Johannes-Brahms-Gymnasium)